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XtraBlatt Ausgabe 02-2020

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TITELTHEMA VERKAUF AN

TITELTHEMA VERKAUF AN METZGER Allerdings endete die Vaccine-Produktion, als Mitte der Siebzigerjahre der Impfstoff synthetisch hergestellt werden konnte. Die Kapazitäten waren vorhanden, daher wurden sie auch genutzt. Aber weniger von den regionalen Metzgern, sondern fast ausschließlich von einem Großunternehmen. Die Schlachtzahlen stiegen weiter. Im Jahr 1981, dem 100-jährigen Bestehen, wurden um die 28.000 Rinder, 36.500 Schweine und 2.000 Kälber geschlachtet. Und es wurde stetig investiert. Trotzdem stand der Schlachthof auf der Kippe. Der Großbetrieb profitierte, die Stadt sollte bezahlen. „Zum Showdown kam es im Jahr 1984“, erklärt Konrad Ammon jun., selbstständiger Metzgermeister und Geschäftsführer der Metzger Schlachthof Betriebs GmbH. „Obwohl die Stadt Fürth großes finanzielles Entgegenkommen zeigte, stellte der Großkunde damals den Betrieb ein. Unserem Schlachthof drohte dasselbe Schicksal wie fast allen früheren Schlachthof-Standorten in der Region: Schwabach, Weißenburg, Gunzenhausen, Ansbach, Lauf und Nürnberg. Die letzte verbliebene städtische Einrichtung in Erlangen wurde kürzlich an ein Privatunternehmen verkauft. Aber bereits davor waren wir regionalen Metzger nur das fünfte Rad am Wagen. Dennoch war es uns enorm wichtig, die Nahversorgung, aber auch die Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten. Auf Initiative meines Vaters schlossen sich „ALS SELBSTSTÄNDIGER METZGERMEISTER IST DIESER REGIONALE SCHLACHTHOF FÜR MICH ENORM WICHTIG.“ KONRAD AMMON JUN. 55 Berufskollegen zusammen und übernahmen mit einer Einlage von je 2.000 DM die Einrichtung der Stadt.“ NEUBAU Erfreulicherweise lief es gut mit dem Metzgerschlachthof. Aber die zunehmenden Hygienevorgaben ließen schnell den Gedanken nach einem Neubau aufkommen. Die Stadt unterstützte das Bestreben durch ein Grundstück auf Erbpachtbasis und durch finanzielle Hilfe. Im Januar 1989 beschlossen 60 Gesellschafter (50 Metzger, zehn Viehhändler, Landwirte und Kuttler) im Stadtteil Burgfarrnbach einen fast 5 Mio. DM teuren Neubau zu errichten. Förderungen durch EU, Bund oder Land gab es nicht. Schon im November 1991 konnte die erste Probeschlachtung stattfinden. „Gebaut haben wir eine kompakte Anlage mit einer Gebäudefläche von 7.500 qm mit moderner Ausstattung“, sagt Konrad Ammon. 2019 haben wir fast 61.000 Schweine, 3.800 Großtiere und 1.600 Schafe geschlachtet. Was die Zahlen angeht, haben wir seit Jahren immer eine leicht positive Entwicklung. Das bestärkt uns darin, damals den richtigen Schritt gemacht zu haben. Organisatorisch sind wir in zwei Gesellschaften geteilt: wir, die Betriebs GmbH, sorgen für die gesamte Infrastruktur. Mit dem Schlachten selbst beauftragen wir die Fürther Lohnschlächter GmbH. In ihr haben sich 15 Facharbeiter aus der Region, alles Metzger mit Gesellen- Das Bild aus dem modern ausgestatteten Schlachtund Zerlegebetrieb entstand in Vor-Corona-Zeiten. Heute tragen die Mitarbeitenden selbstverständlich Mundschutz. 8

REGIONALE QUALITÄT Alle drei mit Meisterbrief (v.l.n.r.): Sohn Maximilian, Schwiegertochter Geli und Konrad Ammon jun. Sie führen gemeinsam die familieneigene Metzgerei in Fürth-Burgfarrnbach. oder Meisterbrief, zusammengeschlossen. Aktuell sind wir 105 Gesellschafter. In unserer Kundenkartei haben wir 330 Adressen: Metzger, Viehhändler, Landwirte mit Direktvermarktung, Gastronomen oder auch Vereine, die für ihr Fest nur ein Spanferkel im Jahr schlachten lassen. Selbstverständlich sind wir EU-zertifiziert, erfüllen die QS-Bestimmungen und können auch Bio-Tiere schlachten. Um das Wohl der Tiere kümmern sich vier Tierschutzbeauftragte.“ Um die hohen Qualitätsansprüche auch weiterhin zu erfüllen, wird zurzeit viel investiert. Vor allem im Hinblick auf Tierwohl, Hygiene, Umwelt sowie Ressourcen- und Energieeffizienz. Konrad Ammon dazu weiter: „Für das laufende Jahr haben wir 5,5 Mio. € budgetiert. Wir vergrößern beispielsweise die Aufstallungsflächen für Schweine und verbessern den Zutrieb für Rinder und Schweine. Außerdem wird die Kühlung erweitert, die Förderung der Schlachtkörper automatisiert, damit der Abkühlungsprozess beschleunigt wird. Insgesamt bringen wir die gesamte Kühlanlage technisch und energetisch auf den neuesten Stand. Zudem bauen wir eine eigenständige Kuttelei für die Bearbeitung der Innereien und Därme auf. Und letztlich strukturieren wir den Warenein- und -ausgang um.“ „Als selbstständiger Metzgermeister ist dieser regionale Schlachthof für mich enorm wichtig“, so die Überzeugung von Konrad Ammon. Er führte seinen Betrieb in Burgfarrnbach in 4. Generation. Die Nachfolge ist gesichert. Beide Söhne sind Metzgermeister, die Schwiegertochter Fleischereifachverkäuferin und ebenso Metzgermeisterin. Sie haben jetzt die Verantwortung und Führung der Metzgerei in 5. Generation übernommen. Das Sortiment ist vielfältig. Neben Ladengeschäft, Party- und Versandservice sorgt ein angestellter Koch für täglich wechselnde Mittagessen. „Wir schlachten pro Woche etwa acht bis zwölf Schweine und ein Rind“, sagt Konrad Ammon. Diese beziehen wir seit Jahren von festen Landwirten aus der Region. Mit ihnen besteht ein partnerschaftliches Verhältnis. Ich kann auf Haltung und Fütterung Einfluss nehmen und bekomme so genau die Qualität, die ich für meine Kunden will. Beispielsweise habe ich meine Schweine gerne etwas schwerer, mit einem Schlachtgewicht von 105 bis 110 kg. Bei den Rindern lege ich Wert auf Fleischrassen. Jungbullen werden für uns überhaupt nicht geschlachtet. Die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Großbetrieben würden bei der doch recht geringen Anzahl an Tieren, die wir pro Woche brauchen, organisatorisch gar nicht passen. Hier wird meist nach dem Rein-Raus-Verfahren gearbeitet. Für den Transport sorge ich selbst. Im Schlachthof haben wir einen Wartebereich mit Einstreu, Futter und Tränkemöglichkeit, sodass Stress nach Möglichkeit vermieden wird. Nach der Schlachtung werden die Viertel- beziehungsweise Hälften zu uns transportiert und dort weiterverarbeitet.“ „Die Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich geändert“, so Konrad Ammon weiter. „Wurst wird heute nicht mehr in 100-g-Portionen verkauft, sondern sortenweise in einzelnen Scheiben. Das ist für uns zwar aufwändig, aber bei diesen Kunden weiß ich auch, dass sie sehr bewusst einkaufen. Andere dagegen schauen ausschließlich nach dem Preis. Das ist nicht unbedingt unsere Klientel. Aber selbst diese müssen irgendwie bedient werden. Deshalb haben auch Großschlachter und Discounter eine Berechtigung. Wir gehen aber einen anderen Weg, der glücklicherweise von unseren Kunden honoriert wird. Die eigene Schlachtung von regionalen Tieren ist dabei ein ganz wichtiger Bestandteil des vollumfänglichen Qualitätsversprechens, das ich unseren Kundinnen und Kunden gebe.“ « 9