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XtraBlatt Ausgabe 02-2020

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TITELTHEMA 1 2 nicht

TITELTHEMA 1 2 nicht ohne Stolz: „Man schmeckt die gute Qualität unserer Milch im Eis.“ Das Hofladen-Eis wird von den Kunden oft gleich direkt auf der bestuhlten Terrasse vor dem Hofladen verspeist. Der Laden selbst funktioniert nach dem Selbstbedienungskonzept. Kundenkontakt gibt es trotzdem reichlich. Irgendjemand ist immer für die Kunden greifbar, wenn mal eine Frage aufpoppt. Inhaber wie auch Mitarbeiter stillen gerne den Wissensdurst zum Thema Landwirtschaft. Die in letzter Zeit so oft angemahnte Aufklärungsarbeit für die Bevölkerung scheint auf dem Biohof Kinkelbur zum Alltag zu gehören, so selbstverständlich kommt sie rüber. Die Milch komplett regional zu vermarkten, klappt allerdings nicht. Der Großteil der Milch der 110 Milchkühe geht zur Molkerei Söbbeke in das westfälische Gronau. Die Milchleistung des Betriebs liegt im Schnitt bei ca. 9.300 kg Milch pro Laktation bei 4,1 % Fett und 3,1 % Eiweiß. 85 HA FÜR GRUNDFUTTER Gefüttert werden die Kinkelburschen Milchkühe mit einer gemischten Futtervorlage aus Gras- und Maissilage, ergänzt durch Heu, eine Kraftfuttereigenmischung und Mineralfutter. Wann immer es die Bodenverhältnisse zulassen, können die Milchkühe auf den an den Boxenlaufstall angrenzenden Weiden laufen. Rund 60 ha Grünland plus ca. 25 ha Kleegras bewirtschaftet Friedrich Kinkelbur für die Grundfuttergewinnung. Die anmoorigen Standorte stellen hierbei durchaus eine Herausforderung dar. „Wir haben einen eigenen Nachsaatstriegel, denn oberstes Ziel ist es, immer eine gesunde 3 geschlossene Grasnarbe zu erhalten, um Unkräutern von Beginn an gar keine Chance zu geben. Fast alle guten Gräser und auch der Weißklee mögen jedoch keine stauende Nässe. Hier müssen wir immer nach moorgeeigneten Gräsersorten schauen“, sagt er und meint weiter: „Unser Hauptunkraut ist der Ampfer, den wir als Bio-Betrieb nicht spritzen dürfen. Beweidung in einem frühen Stadium hilft, aber das geht natürlich nicht auf allen Flächen. Da nehmen wir uns auch schon mal ein 8 ha Stück vor und ziehen den Ampfer händisch heraus.“ Bei der Grassilage-Ernte erledigt der Bio-Landwirt das Mähen, Wenden und Schwaden selbst. Gemäht wird mit einem Butterfly-Mähwerk Easycut 970 ohne Aufbereiter. Den Verzicht auf diesen begründet er folgendermaßen: „Ein Aufbereiter würde mir das Kleegras zu sehr zerschlagen. Auf den anmoorigen Grünlandflächen kommt die Gefahr der Futterverschmutzung hinzu.“ Gehäckselt oder gepresst wird durch einen Lohnunternehmer aus der Region. Wie viele andere Milchviehbetriebe hatte auch der Biohof Kinkelbur 2018 und 2019 mit Futterknappheit zu kämpfen. Durch die Trockenheit konnten die üblicherweise vier Schnit- 12

4 1 Weidegang ist für die 110 Milchkühe obligatorisch. 5 2 Im Hofladen gibt es selbstproduzierte Milch, Eier, Eis + 3 und Fleisch. 4 Friedrich Kinkelbur ist Bio-Landwirt aus Überzeugung 5 Der Weg zum Hofladen führt über den gepflegten Hof am Boxenlaufstall vorbei. te auf Grünland und fünf Schnitte auf Acker-Kleegras nicht realisiert werden. „Im Gegensatz zu meinen konventionell wirtschaftenden Berufskollegen konnte ich aber mit meiner Bio-Zertifizierung nicht einfach zu meinem Nachbarn gehen und diesem ein paar Hektar Mais abkaufen“, sagt Friedrich Kinkelbur. Seine Lehre aus den trockenen Jahren: „Es ist keine Schande, Futtervorräte zu haben und etwas über dem eigenen Bedarf zu produzieren.“ GLÜCKLICHE HÜHNER Ein ganz neues Standbein der Kinkelburs ist die Eierproduktion, obwohl sie das laut Friedrich Kinkelbur eigentlich nie im Sinn hatten: „Die Eierproduktion wurde uns geradezu von unseren Kunden aufgedrängt. Immer wieder haben sie uns gefragt, wo man denn guten Gewissens noch Eier kaufen könnte, und wir hatten keine Antwort darauf.“ Seit März 2020 betreibt die Landwirtsfamilie deshalb ein Hühnermobil mit 350 Plätzen. Dieses begrüßt nun marketingwirksam alle Autofahrer an der Dorfeingangsstraße und macht so gleichzeitig Werbung für den Hofladen, der schlussendlich auch wegen der Ei-Nachfrage entstand. Einmal pro Woche wird der Mobilstall mitsamt seiner Bewohner auf ein neues Stück Wiese umgesetzt. So sollen kahle Stellen in der Fläche vermieden werden. Die Investitionshöhe war nicht unerheblich. Ein Bio-Ei der Kinkelburs kostet deshalb stolze 50 Cent. „Das Bio-Futter ist aber auch doppelt so teuer wie konventionelles“, gibt der Landwirt zu bedenken. Das Geschäft mit den Eiern geht für die Familie auf. Vermarket werden sie über den nächstgelegenen Edeka-Markt sowie den eigenen Hofladen. Doch dort sind die Eier meist schon am Donnerstag ausverkauft. Und deshalb ist bereits das zweite Hühnermobil bestellt. Um Hofladen und Hühnermobil kümmert sich größtenteils Ulrike Kinkelbur, die bis vor kurzem noch hauptberuflich als Förderschullehrerin beschäftigt war, durch die neuen Betriebszweige aber mehr denn je auf dem Betrieb gebraucht wird. Daneben tragen zurzeit drei festangestellte Mitarbeiter sowie weitere treue Helfer dazu bei, dass auf dem Hof alles rund läuft und auch für jeden Auszeiten möglich sind. Friedrich Kinkelbur: „Zusammen geht es eben besser als jeder für sich alleine. Uns eint die Leidenschaft für Bio-Landwirtschaft, der Wunsch, im Einklang mit der Natur gesunde Lebensmittel zu erzeugen.“ « 13