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XtraBlatt Ausgabe 02-2019

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PRAXIS LANDWIRT MARIO

PRAXIS LANDWIRT MARIO ORTLIEB, SARNOW QUALITÄT DIREKT ERLEBEN Wachsen oder spezialisieren? Mario Ortlieb hat sich für Letzteres entschieden. Er setzt auf Direktvermarktung seiner Produkte, und er hat Jahr für Jahr mehr Gäste auf seinem Hof, die Landwirtschaft erleben wollen. 36

Fleisch und Wurstprodukte stammen nicht nur von den eigenen Tieren, sondern auch aus eigener Verarbeitung. Das Land ist leicht hügelig, die Felder und Wiesen ziehen sich weit hin. Das Getreide ist abgeerntet, bis zur Maisernte wird es nicht mehr lange dauern. Es ist ein heißer Tag, als wir Mario Ortlieb auf seinem Hof in Sarnow bei Pritzwalk besuchen. Schon am frühen Vormittag ist das Thermometer auf 30 Grad geklettert. Keine Wolke ist am Himmel, und das Vieh auf den Weiden sucht im Schatten der Bäume Schutz vor der Sonne. Mario Ortlieb wischt sich lächelnd den Schweiß von der Stirn, als er aus der Scheune kommt. Er ist gerade dabei, einen Ladewagen für die bevorstehende Maisernte vorzubereiten. Üppig wird die Ernte nicht ausfallen. Wie bei allen anderen Kulturen auch, hat die anhaltende Trockenheit den Erträgen zugesetzt. Doch der Landwirt aus der Prignitz ist kein Mensch, der sich damit aufhält, über das Wetter zu schwadronieren, auch wenn es von existenzieller Bedeutung für ihn ist. Viel lieber denkt Mario Ortlieb darüber nach, wie er seinen Betrieb weiterentwickeln kann. Das, was er bereits auf den Weg gebracht hat, ist beeindruckend, was er noch alles an Ideen im Kopf hat, klingt visionär. Mario Ortlieb will nicht weniger, als Landwirtschaft erlebbar zu machen! Er will zeigen, wie Lebensmittel erzeugt werden, will dazu beitragen, dass sie wieder die Wertschätzung erfahren, die ihnen zusteht. VOLLE TRANSPARENZ Das Wort Nachhaltigkeit fällt im Laufe unseres Gespräches nicht ein einziges Mal. Dabei hat Mario Ortlieb schon früh einen sehr nachhaltigen Weg eingeschlagen. Vor knapp zehn Jahren ist er in die Direktvermarktung der von ihm erzeugten Lebensmittel eingestiegen. Kein einfacher Weg in einer strukturschwachen Region wie der Prignitz, in der die Discounter den Lebensmitteleinzelhandel dominieren. „Um hier mit regionalen Produkten erfolgreich zu sein, muss man durch Qualität überzeugen“, sagt Mario Ortlieb. Und Qualität hat für den Landwirt eine Dimension, die weit über Frische und den Geschmack eines Stück Fleisches oder einer Kartoffel hinausgeht. Qualität beinhaltet für ihn auch ein Maximum an Transparenz: „Unsere Kunden wollen wissen, wie Lebensmittel produziert werden. Sie wollen sehen, wie unsere Tiere gehalten werden und wie wir unsere Felder bearbeiten.“ Diesen Wunsch hat Mario Ortlieb aufgegriffen und über die Jahre weiterentwickelt. So hat sich aus der Direktvermarktung ein direktes Erleben entwickelt, das mittlerweile weit über 1.000 Menschen pro Jahr genießen, die den Bauernhof in Sarnow besuchen. Die Gäste werden auf Wunsch mit einem vom Traktor gezogenen Ausflugswagen über die Ländereien gefahren, können zum Beispiel zuschauen, wenn das Getreide gedroschen wird. Sie dürfen einen Blick in die Schweineställe werfen oder Hühner und Enten füttern. Mehr noch: Sie können auch auf dem Dachboden einer sanierten Scheune feiern. Bis zu 120 Gäste haben dort Platz. Ein Angebot, das von Hochzeitspaaren in der Region gerne genutzt wird. Organisiert werden Feiern und Veranstaltungen von Mario Ortliebs Ehefrau Nicole. Die gelernte Hotelfachfrau kennt sich mit der Organisation größerer Feiern bestens aus. Und sie hat ein sehr gutes Gespür für Details sowie die Dekorationen für die einzelnen Veranstaltungen. Das alles stellt sie gewissermaßen nebenbei auf die Beine, da sie nach wie vor ihrem Beruf nachgeht. Ihre Idee war es auch, in unregelmäßigen Abständen Verkostungen „der etwas anderen Art“ zu veranstalten: „Wir braten unser eigenes Fleisch und dazu Billigfleisch aus einem Discounter. Beides servieren wir unseren Gästen, die nicht um die Herkunft der jeweiligen Fleischprobe wissen. Raten Sie mal, was den Leuten besser schmeckt“, sagt Mario Ortlieb und lacht. BEWUSSTER SCHRITT Seinen Kunden einen so weitreichenden Einblick zu gewähren, setzt ein sehr hohes Maß an Aufgeschlossenheit voraus. Eine Eigenschaft, die sich im für einen Landwirt untypischen Lebenslauf von Mario Ortlieb widerspiegelt. Immer wieder kam er mit Menschen unterschiedlicher Couleur in Verbindung. Vor 43 Jahren in Pritzwalk geboren, hat er seine Kindheit und Jugend auf dem elterlichen Hof in Sarnow verbracht. Nach der Schule absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung, anschließend ging er zur Bundeswehr. Es folgten einige Jahre in Berlin, wo er dank seiner kräftigen und sportlichen Statur unter anderem als gefragter Personenschützer arbeitete. Doch schon während seiner Berliner Jahre hat es ihn immer wieder auf den Hof in seinem Heimatdorf gezogen. Der wurde einige Jahre nach der Wende zunächst im Nebenerwerb wiederbelebt. Später entschloss sich Mario Ortlieb, mit seinem Vater eine GbR zu gründen und den Betrieb im Vollerwerb zu bewirtschaften. „Es war keine Entscheidung, die aus der Not heraus getroffen wurde, sondern ein 37