Aufrufe
vor 2 Jahren

XtraBlatt Ausgabe 01-2021

INTERVIEW bei Kunden

INTERVIEW bei Kunden geführt hat: immer mittendrin, immer ein offenes Ohr für Kundenfragen, aber auch für deren Probleme und eventuelle Beschwerden. Wissen, worum es geht, mit anpacken. Das macht Krone seit jeher aus, und Dr. Horstmann lebt es uns in vielen Situationen immer wieder vor. als in Deutschland. Doch auch hierzulande werden die Lohnunternehmen ebenso mit der Thematik konfrontiert – allerdings nicht allein in Bezug auf die Arbeit des Häckslers, sondern vor allem mit Blick auf die Effizienz der gesamten Prozesskette Futterernte und die Organisation der Arbeitsabläufe. Dr. Horstmann: Gerade im Gespräch mit den Lohnunternehmern war mir dies sehr wichtig – und hilfreich. Außerdem hat es viel Spaß gemacht! Gern denke ich z. B. daran zurück, dass mich ein Lohnunternehmer aus der Nähe von Spelle in einem Jahr, als die Maisbestände extrem unterschiedlich abreiften, fragte: Könnt Ihr nicht mal was entwickeln, das erkennt, wie reif die Pflanze ist? Irgendwas mit Farbsensoren? Da verfällt man als Konstrukteur erst mal in tiefes Nachdenken, und nicht immer gibt es gleich eine Vorstellung, wie das möglich sein könnte. Also setzte ich mich mit Prof. Ruckelshausen von der Hochschule Osnabrück zusammen – und so begann unser Projekt AutoScan, aus dem dann später sogar der NIR-Sensor von Krone wurde. Und so gab es viele Beispiele, wo der Input aus der Praxis letztlich in richtungsweisender Technik „made by Krone“ mündete und mit der es gelang, sich uns im Wettbewerb gut zu positionieren. XtraBlatt: Was bedeutet das für die Zukunft – wo geht die Reise in der Technik hin? Jan Horstmann: Der Strukturwandel führt unverändert zu immer größeren Betrieben und Flächen. Deshalb muss die Technik nach wie vor immer leistungsfähiger werden. Gleichzeitig sind aber die physikalischen Grenzen der Maschinen ausgereizt. Somit ist ein Plus an Leistung nur durch bessere Abläufe und Prozesse sowie über clevere Elektronik, Sensorik und Automatisierung machbar. Dazu gibt es viele Ideen und Projekte bei uns, einiges wurde ja auch schon geschafft. Dabei erinnere ich an Themen wie den Lasttempomaten „ConstantPower“ beim Häcksler, die Überladeautomatik, den NIR- Dr. Josef Horstmann war 38 Jahre für Krone tätig, davon 19 als Geschäftsführer Konstruktion & Entwicklung. Sensor, der im Millisekundentakt die Feuchte und Inhaltsstoffe des Futters dokumentiert. Künftig wird es u. a. weitergehen in Richtung vollständige Lenkautomatisierung im Feld, beispielsweise Vorgewendemanagement. Soll heißen: Die Assistenz-Systeme werden noch leistungsfähiger, dadurch werden weitere Funktionen von Landmaschinen teil- oder vollautomatisiert. Zudem wird die Vernetzung von Maschinen und Software- Lösungen, u. a. durch den agrirouter, deutlich zunehmen und wichtiger Bestandteil für eine erfolgreiche und nachhaltige Landwirtschaft sein. Sebastian Hassig: Nicht zu vergessen ist die Aufgabe, die Fahrer zu entlasten. Die komplexe Technik zu handhaben und die vorhandenen Leistungsreserven der Technik zu mobilisieren, ist eine echte Herausforderung. Und zwar nicht nur für ein paar Stunden, sondern einen ganzen Arbeitstag lang. Wie herausfordernd das zunehmend wird, zeigt uns das Feedback in den Schulungen, aber ebenso über den Kundendienst. Deshalb sehe ich in der Automatisierung einen weiteren Schritt, um die Technik an das wirtschaftlich notwendige Leistungsoptimum zu bringen. XtraBlatt: Was aber zumindest in westdeutschen Flächenstrukturen schwerfallen dürfte … Hassig: Produktentwicklung ist mehr denn je auf die globalen Anforderungen ausgerichtet, und weltweit ist der Mangel an qualifizierten und erfahrenen Fahrern noch größer XtraBlatt: Das Ausnutzen der Möglichkeiten hat aber auch viel mit der Bedienbarkeit zu tun. Oft ist dann davon die Rede, dass Technik so intuitiv bedienbar sein müsse wie ein Smartphone. Ist die Landtechnik dazu heute in der Lage? Jan Horstmann: Nein, jedenfalls noch nicht endgültig. Aber es ist schon erheblich besser geworden und zudem eines der Kernthemen in der Produktentwicklung sowie fester Be- „DAS THEMA SOFTWARE-KOMPA- TIBILITÄT ZWISCHEN TRAKTOR UND GERÄT IST LEIDER NACH WIE VOR AKUT.“ JAN HORSTMANN, GESCHÄFTSFÜHRER K & E BEI KRONE Jan Horstmann ist Informatiker, seit 17 Jahren für Krone tätig und wird ab Juli die Funktion des Geschäftsführers von Dr. Horstmann übernehmen. 22

standteil des Entwicklungsprozesses. Luft nach oben gibt es natürlich immer. Als positives Beispiel möchte ich das Competence Center Isobus, kurz CCI, in Osnabrück nennen. Damit haben wir die Forderungen von Kunden nach besserer Bedienbarkeit von Joysticks mit dem CCI A3 und Terminals mit dem CCI 1200 gut umsetzen können, wie ich finde. XtraBlatt: Ein weiteres Stichwort ist die Zuverlässigkeit der Sensorik, Elektronik und Software – ein Punkt, der besonders die Lohnunternehmer immer mehr frustriert … Jan Horstmann: Das Thema der Software- Kompatibilität zwischen Traktor und Gerät ist leider nach wie vor akut. Dies wäre jedoch schon gelöst, wenn alle Hersteller ihre Maschinen nach den Standards der Agricultural Industry Electronics Foundation, kurz AEF, zertifizieren lassen würden – was nicht der Fall ist. Über www.aef-online.org kann jeder Endkunde jederzeit mit der frei zugänglichen AEF-Datenbank herausfinden, ob eine Maschine entsprechend zertifiziert ist, bevor er sie kauft. Und ob sie mit seiner bisherigen Technik reibungslos funktioniert. Leider wird dieses Angebot noch zu selten genutzt, aber es würde helfen, das angesprochene Problem zu lösen. Dazu kann ich nur dringend raten. Hassig: Was Sensoren und Elektronik angeht, stimme ich Ihnen eindeutig zu: Hier sind Robustheit und Zuverlässigkeit das A und O. Es kann vom Prinzip her nicht sein, dass ein 400.000 € teurer Häcksler wegen eines defekten 1-€-Sensors ausfällt, weil dessen Qualität mangelhaft ist. Klar ist aber auch: Es wird immer technische Defekte geben, die sind nicht zu 100 % auszuschließen. Doch die Funktionssicherheit der Maschinen im Feld muss allen Praxisanforderungen standhalten – das gilt auch für Elektronik und Sensorik. Deshalb ist dieses Thema eine wesentliche Maßgabe in der Produktentwicklung bei Krone. Und zu den Zielen gehört, dass Maschinen künftig die Intelligenz besitzen, sich frühzeitig selbstständig zu melden, wenn Sebastian Hassig ist Maschinenbauingenieur und hat ab Juli die Aufgabe des Leiters Konstruktion & Entwicklung. „DIE FUNKTIONSSI- CHERHEIT DER MA- SCHINEN IM FELD MUSS ALLEN PRAXIS- ANFORDERUNGEN STANDHALTEN.“ SEBASTIAN HASSIG, LEITER K & E BEI KRONE sich technische Defekte abzeichnen, damit rechtzeitig für Abhilfe gesorgt werden kann. Dr. Horstmann: Ich möchte doch das Thema Software noch einmal aufgreifen, weil es mich umtreibt und ich am Ende meiner beruflichen Tätigkeit, nach Jahrzehnten des Engagements in den Verbandsgremien, feststellen muss, dass unsere Branche immer noch nicht da steht, wo sie stehen könnte. Bei den vielen Updates, die es für Traktoren und Implements regelmäßig gibt, müssen wir uns als Hersteller alle einfach strikt daran halten, dass wir die Dinge sauber dokumentiert, getestet und zertifiziert bekommen. Auf diese Zertifizierung hat sich die ganze Landtechnik-Branche von VDMA bis AEF, also der Agricultural Industry Electronics Foundation, geeinigt. Aber leider halten sich nicht alle daran. Krone ist auf Platz 2 aller Hersteller, was die Anzahl der AEF-zertifizierten Maschinen angeht. Einige der großen Traktorenhersteller finden Sie in der Liste aber erst ziemlich weit hinten. Doch wenn es irgendwo hakt, sind natürlich immer die Geräte schuld, nie die Traktoren. Das ist doch nicht akzeptabel! Deshalb: Wenn ein Kunde sich für einen neuen Traktor und z. B. einen neuen Ladewagen interessiert, dann möge er doch bitte vorher einmal in die AEF-Datenbank schauen. Und wenn sein Wunschtraktor nicht zertifiziert ist, dann sollte er ihn konsequenterweise nicht kaufen. Der Druck muss vom Kunden kommen, sonst wird sich an dem Zustand nichts ändern. Denn leider gibt es immer noch Hersteller, die ihre Prozessketten in ihrer eigenen Farbe abdecken und Digitalisierung zur Kundenbindung missbrauchen wollen – auch wenn sie öffentlich das Gegenteil behaupten. XtraBlatt: Das klingt nach einem Abschied mit gemischten Gefühlen … Dr. Horstmann: Nein, genau das Gegenteil ist der Fall! Denn es war mir vergönnt, enorm viel gestalten zu können und zu erreichen – auch in der soeben angesprochenen Verbands- und Gremienarbeit. Und im eigentlichen Arbeitsbereich der Produktentwicklung ist die Liste der Meilensteine ebenfalls beachtlich, die wir im und mit dem Team erreicht haben. Das ist vielleicht das Wichtigste: die Zusammenarbeit mit den Menschen, Mitarbeitenden, Kollegen, Kunden. Die Aufgabenvielfalt, der riesige Freiraum zur Gestaltung, „machen zu können“, was bei Krone wie wohl sonst kaum irgendwo in dieser Branche möglich war und ist. Denn eines ist sicher: Von Kostenvorteilen durch Größe, etwa im Einkauf und in der Preisgestaltung im Verkauf, wie sie die Konzerne unserer Branche haben, werden Mittelständler wie Krone nie profitieren können. Also bleibt nur der Weg, besser zu sein als die anderen. Mit Innovationen, mit Qualität, mit direktem Draht zum Markt, erstklassigem Service – wir müssen als Krone das Gesamtpaket besser als die anderen Hersteller machen und die Nähe zu den Kunden halten. Das ist die größte Chance, die wir haben. Dazu durfte ich beitragen, was mich sehr stolz macht. Es war immer eine hochspannende Zeit! « 23