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XtraBlatt Ausgabe 01-2018

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MENSCHEN WISSEN 1 Der

MENSCHEN WISSEN 1 Der Anteil Erstkalbinnen an einer Milchviehherde ist ein guter Indikator für Tiergesundheit und Fütterungsqualität. Liegt er zum Beispiel bei 40 %, schaffen die Kühe im Stalldurchschnitt keine drei Laktationen. „Dies ist ein eindeutiger Hinweis, dass im Herden- und Fütterungsmanagement des Betriebes einiges verbesserungswürdig ist. Denn die guten Betriebe liegen bei einem Erstkalbinnen- Anteil von 20 bis 25 %. Und die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion fängt ab dem 3. Kalb erst an“, erklärt André Hüting, Tierarzt und Mitgesellschafter der Tierarztpraxis an der Güterstraße in Hamminkeln am Niederrhein. Ein zentraler Aspekt ist für ihn, vor allem in größeren Herden ab 200 Tieren, die Bildung der richtigen Gruppen. Dabei reiche es nicht aus, einfach nur eine Nieder- und eine Hochleistungsgruppe zu bilden. „Am besten ist es, wenigstens drei Gruppen zu formen, die sich am Alter der Kühe und damit an den Möglichkeiten ihrer Trockenmasseaufnahme orientieren. In der ersten Abteilung sind die Erstkalbinnen, in der zweiten die Kühe, die zum zweiten und dritten Mal gekalbt haben, und in der dritten Gruppe die Tiere mit dem vierten oder noch mehr Kälbern“, erläutert der Tierarzt. Hinweis seinerseits am Rande: „In einigen Betrieben werden die Färsen nach wie vor schlicht zu spät tragend. Häufig werden sie nach dem 8. – 10. Lebensmonat noch zu energiereich gefüttert und verfetten zu stark. Rinder, die früh tragend sind, werden in der Regel älter und sie neigen weniger zur Verfettung.“ Eine gute Gruppenbildung beeinflusst seines Erachtens jedoch nicht nur die alters- und leistungsgerechte Rationsgestaltung, sondern maßgeblich auch das Fressverhalten und damit die Futteraufnahme. „Sobald ein Tier abgekalbt hat, sollte es in die richtige Gruppe eingeordnet werden und dort bleiben, bis es wieder trockengestellt wird. Ist diese soziale Stabilität nicht gewährleistet, kostet das nach unserer Erfahrung bis zu 500 Liter Milch pro Tier und Laktation“, betont er. Möglichst große Stabilität ist aus seiner Sicht auch bei der Zusammenstellung der Rationen vonnöten, also im ersten Schritt bei der Auswahl der Komponenten. Nicht ständig wechseln – dafür lieber eine große 2 Vielfalt. Neben den Standards Mais (maximal 60-65 % Anteil an der Ration) und Gras seien Pressschnitzel, Treber, Stroh und auch Möhren oder Kartoffeln für die Tiere schmackhafte Rationsbestandteile. Natürlich auch Kraft- und Mineralfutter, Salze und Hefen. „Diese Zusatzstoffe sollten jedoch schon gemischt sein, bevor sie mit dem Grundfutter vermengt werden“, rät er. „Voll-TMR liegt nach wie vor im Trend. Aber aufgepasst: Ein Trockensubstanz-Gehalt von 45 % in der Gesamtration ist für Milchkühe viel zu hoch. Dann läuft der Landwirt Gefahr, dass die Kühe das Futter im Kreis drehen, bis alle besonders schmackhaften Komponenten herausgelesen sind. Ein TS-Gehalt von 33 bis 36 % bei Gras und 36 bis 38 % bei Mais ist dagegen das erstrebenswerte Ziel“, so André Hüting. Wichtig ist ihm, dass das Kraftfutter, am liebsten in Mehlform, an das Grundfutter gebunden ist und somit eine Selektion durch die Tiere verhindert wird. Aus Ernährungssicht beobachtet er den wachsenden Anteil der Melkroboter kri- 32

1 André Hüting und seine Kollegen von der Tierarztpraxis an der Güterstraße in Hamminkeln beraten einige hundert Milchviehbetriebe zu Fragen der Futterqualität, Fütterung und Tierhaltung. 2 2 Den Tieren muss immer ausreichend Futter vorliegen. Mit Traktor oder per Hand sollte mindestens viermal täglich manuell angeschoben werden. Noch effektiver ist ein Roboter. 3 Kühe fressen stets am gleichen Platz. Fehlen wegen mangelhaften Mischens im vorgelegten Futter am Anfang und Ende der Krippe einzelne Bestandteile, sind es immer dieselben Kühe, die falsch 3 ernährt und letztlich krank werden, so André Hütings Beobachtung. tisch, weil hierbei noch ein größeres Augenmerk auf die oben erwähnten Punkte zu legen ist. Nun wird wieder ein Teil des Kraftfutters alleine während des Melkens verabreicht, was ein gutes Futtertischmanagement voraussetzt. Besser sei es, dies sparsam zu handhaben und dieses Energie-Leckerli so viel wie möglich in der Gesamtmischung zu verabreichen. Begeistert ist er dagegen von den sogenannten Anschieberobotern auf dem Futtergang. „Im Optimalfall soll 23 h/ Tag Futter vorliegen, sodass jedes Tier zu jedem Zeitpunkt genügend Futter findet. Denn die Erstkalbinnen fressen oft nachts, weil sie tagsüber von den älteren Kühen verdrängt werden und zusätzlich viel häufiger den Futtertisch aufsuchen müssen, da sie pro Besuch weniger Futter aufnehmen können als ein älteres Tier. Wenn die Futtervorlage nicht optimal ist, sind Fehl- und Mangelernährung sowie Leistungsverlust vorprogrammiert. Der automatische Schieber hebt die Milchleistung nach unserer Erfahrung um bis zu 2 l/Kuh täglich an.“ Aber wenn schon mit dem Frontlader oder per Hand angeschoben wird, dann sollte dies mindestens viermal täglich erfolgen. Ein in vielen Betrieben heikles Thema ist auch der Futtermischwagen, weil er zu klein dimensioniert ist und zum Mischen zu voll beladen wird, so die Erfahrung des Tierarztes. „Bei einem TS-Gehalt von 45 % bekommt man aufgrund des Volumens nicht das Gewicht hinein, das nötig wäre“, betont er. „Und wenn der Wagen zu voll ist, tut er nur so, als ob er mischt.“ Bemerkenswert fand er vor Längerem die Beobachtung, dass ein Landwirt zum Mischen immer in einen Stall mit niedriger Decke fuhr – damit das Futter nicht über den Rand fallen konnte. Seine Empfehlung daher: Maximal drei Viertel des Wagens füllen. Zuerst das kurz gehäckselte Stroh und das Gras , dann das Kraftfutter und die Vormischungen. Zum Schluss Mais und andere Feuchtkomponenten. Nicht zu vergessen ist die zügige Zufuhr von Wasser in erforderlicher Menge. Sobald alles eingeladen sei, sollte der Mischer nur noch drei Minuten mit hoher Drehzahl mischen. Ratsam sei es zudem, die Komponenten immer in der gleichen Reihenfolge zu laden und bei größeren Tierbeständen immer ein Mischprotokoll zu erstellen, vor allem, wenn unterschiedliche Personen mischen und füttern. Wichtig ist eine regelmäßige Kontrolle des Grundfutters und der Gesamtration auf ihre Trockensubstanz. Denn bereits die unterschiedliche Vorgehensweise der einzelnen Personen beim Mischen und schwankende Trockensubstanzgehalte seien eine messbare Fehlerquelle. Hat jedoch alles gut geklappt, ist die Mischung wirklich homogen. Und vom Anfang bis zum Ende des Futtertrogs findet sich die gleiche Qualität im Futter wieder. „Richtig zu füttern, ist kein Geheimnis, es braucht vor allem Sorgfalt und Konsequenz“, meint er abschließend. 33