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XtraBlatt Ausgabe 01-2017

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MENSCHEN TITELTHEMA

MENSCHEN TITELTHEMA RUBRIK Fütterung VORBEUGEN STA Sind Kühe krank, liegt es meist an falscher Fütterung und Haltung, ist Tierarzt André Hüting überzeugt. Seine Lösung: intensive tierärztliche Bestandsbetreuung. Ein außergewöhnliches Konzept. W as ist das wichtigste Arbeitsmittel des Landwirts während der Maisernte? Nein, nicht sein Traktor, um die Silage im Silo zu verdichten. Auch nicht die Abdeckfolie oder der Henkelkorb mit Stullen für die Lohnunternehmer- Crew – sondern ein Messbecher. Genauer gesagt: ein Litermaß mit zwei Liter Fassungsvolumen. „Und mit diesem Becher sollte jeder Landwirt während des Häckselns mindestens jede Stunde eine Probe 12

TT HEILEN Tierarzt André Hüting: „Jeder Landwirt sollte so einen Messbecher für Futterproben während des Häckselns nutzen. Sind mehr als zwei unversehrte Maiskörner in der Probe, besteht Handlungsbedarf.“ nehmen. Wenn er dann pro Becher mehr als zwei Maiskörner findet, die nicht angeschlagen sind, besteht Handlungsbedarf, den Häcksler anders einzustellen“, meint Tierarzt André Hüting, einer von vier Inhabern der „Tierarztpraxis an der Güterstraße“ in Hamminkeln. „Die Erkenntnis, dass nur optimal aufbereitete Maissilage auch die gewünschte Milchleistung ermöglicht, ist wahrlich nicht neu. Erschreckend ist aus meiner Sicht nur die Zahl der Landwirte, die das nicht beachten.“ INTENSIV BEGLEITEN Doch die Maiskörner sind für ihn nicht nur das sprichwörtliche i-Tüpfelchen in der Leistungsoptimierung, sondern ein Symbol für die Notwendigkeit der optimalen Fütterung. „90 % aller Erkrankungen bei Rindern sind direkt oder mittelbar auf Fehler im Futter, in der Fütterung und/ oder der Stallhaltung zurückzuführen. Wir sehen deshalb unsere Aufgabe als Tierärzte nicht allein in der Notfallpraxis und in der medikativen Behandlung, sondern in erster Instanz in der ganzheitlichen Beratung unserer Kunden. Vorbeugen ist besser als heilen.“ „Wir“ ist in der Tierarztpraxis gleichbedeutend mit einem Team von insgesamt 19 Tierärzten-innen. Zehn davon sind auf Rindviehhaltung spezialisiert, davon haben fünf den Tätigkeitsschwerpunkt Bestandsbetreuung. Insgesamt hat die Praxis in ihrem Einzugsgebiet von bis zu 80 km rund um Hamminkeln rund 300 Rinderhalter als Kunden. Ein Drittel davon hat mit der Praxis besagte intensive Bestandsbetreuung vertraglich vereinbart, Tendenz steigend. „Natürlich ist diese Beratung nicht kostenlos, sondern wird nach Zeitaufwand abgerechnet. Doch die Erfahrung zeigt, dass diese Kosten von den positiven Effekten mehrfach kompensiert werden“, so André Hüting. FEHLER KOSTEN GELD Als Beispiel nennt er die Verringerung von Behandlungskosten infolge von Tiererkrankungen. Dies sei in keinem Betrieb auf null zu reduzieren, aber: „Wer als Landwirt Tierarztkosten zwischen 0,7 ct und 1 ct/l produzierter Milch hat, liegt in einem durchaus guten Bereich. In vielen Betrieben liegt das aber deutlich darüber, teilwiese sogar um das Doppelte. Bei einer Milchmenge von 1 Mio. l ergäbe allein die Kostenreduzierung auf das genannte Normalmaß eine Summe von 20.000 Euro jährlich. Der Betrag für die Bestandsbetreuung, für die wir im erwähnten Bei- INFO spiel bei rund 110 Kühen zweimal monatlich zwei bis drei Stunden zur Optimierung auf dem Hof sind, macht nur einen Bruchteil dessen aus“, erläutert er. Und die Vorteile für den Landwirt seien noch weit größer. Dabei denkt er unter anderem an höhere Lebensleistungen der Tiere, möglich durch größere Milchleistungen pro Laktation und mehr Laktationen pro Kuh. Das Spektrum der „Stellschrauben“ zur Verbesserung im Milchviehbetrieb ist nach Erfahrung des Tierarztes enorm und reicht von der Futtergewinnung über das Mischen des Futters und die Gruppenaufteilung bis zur Wasserqualität und der Gestaltung der Liegeboxen. So liege die Grundfutterleistung von Grassilage in guten Betrieben doppelt so hoch wie in schlechten. Fast schon dramatisch sei darüber hinaus in vielen Betrieben das Thema Futtermischwagen und TMR- Ration. „Die Liste der Knackpunkte ließe sich seitenlang fortsetzen. Fakt ist: Die Konsequenzen dessen kosten die Landwirte unglaublich viel Geld. Hier können wir als neutrale Partner mit dem Wissen um die Zusammenhänge zwischen Futter, Stall und Tiergesundheit helfen“, betont André Hüting. Serie „Vorbeugen statt heilen“ Das Gespräch mit André Hüting hat der XtraBlatt-Redaktion anschaulich gezeigt, wie groß das Optimierungspotenzial rund um Fütterung und Tierhaltung ist. Deshalb werden wir zentrale Themen aus dem Interview in den kommenden Ausgaben als Serie redaktionell aufbereiten, um Landwirten und Lohnunternehmern bei der Optimierung ihrer Arbeit rund um Kuh & Co. zu unterstützen. 13