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XtraBlatt Ausgabe 02-2019

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PRAXIS 2 1 3 160 ha,

PRAXIS 2 1 3 160 ha, davon ca. 90 ha Mahdfläche. Meist wird nur ein Schnitt gemacht, der weitere Aufwuchs wird abgehütet. „Dieses Jahr hatten wir einen so hohen Ertrag vom Grünland, dass nur der erste Schnitt gemäht wurde. Wir machen hauptsächlich Heu beziehungsweise Heulage. Dazu haben wir eine eigene Presse und ein Wickelgerät. Dieses Jahr habe ich genau 1.282 Rundballen gepresst und etwa 500 davon gewickelt“, erklärt uns der Schäfer. Die topgepflegten Maschinen stehen alle in einer neuen Halle direkt neben dem Wohnhaus. Außerdem laufen auf dem Betrieb noch drei Traktoren und ein Hoflader. Ein großer Muldenkipper leistet wertvolle Dienste, wenn der Stall ausgemistet wird. Zur Nachpflege der Weideflächen gibt es einen Front- und einen Heckmulcher. VIEL BÜROKRATIE Im Wohnhaus treffen wir Katja Berbalk. Die Agraringenieurin hat früher in der Landwirtschaftsverwaltung und bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) gearbeitet. Seit zwölf Jahren ist sie auf dem Hof tätig, seit fünf Jahren ist sie komplett daheim. Neben Büro und Marktverkauf kümmert sie sich um die Tochter Anna. „Zu tun gibt es genug“, sagt Katja Berbalk. „Schließlich haben wir insgesamt zwei Betriebe: Die Schäferei sowie die Vermarktung inklusive der Veredlung nach der Schlachtung.“ Ihr Aufgabenspektrum reicht also von der Verwaltung der Flächen samt Verpächterkontakten über die Dokumentation aller Vorgänge bis hin zum Marketing und der Kundenkommunikation in den sozialen Medien. Und gerade in der Landwirtschaft in Kombination mit der Direktvermarktung ist die Bürokratie noch größer. Ein Beispiel ist hier die Dokumentation der Reinigungs- und Temperaturlisten im Schlachthaus. Ihr Organisationstalent konnte sie vor zwei Jahren beweisen, als zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft zur Zucht Altdeutscher Hütehunde das Bundesleistungshüten auf dem Hof durchgeführt wurde. Neben dem eigentlichen Wettkampf gab es eine Tierschau, es waren Verbände und Vereine präsent, es fand ein großer Bauernmarkt statt und selbstverständlich wurde für die Verpflegung der vielen Gäste gesorgt. Mit 1.500 Besuchern am Samstag und 6.500 am Sonntag – bei weitem nicht alle vom Fach – gelang außerdem eine 1 Heiko Berbalk, Schäfer aus dem Taunus. 2 Der Großteil der Herde des Hofes Berbalk besteht aus Rhönschafen. 3 Auch optisch ein Leckerbissen: Lammfleisch. 4 Katja Berbalk auf dem Erzeugermarkt auf der Konstablerwache in Frankfurt. ausgezeichnete Werbung für die Schafhaltung im Allgemeinen und den Hof im Besonderen. MARKTVERKAUF „Unser Betrieb hat sich kontinuierlich weiterentwickelt“, sagt Heiko Berbalk. „Da müssen wir laufend die Strukturen anpassen. Meine Eltern waren mit ihrer Landwirtschaft sehr gebunden und sie haben dazu noch die Direktvermarktung unserer Produkte etabliert. Geschlachtet wurde bei uns schon immer – und zwar 18

4 fast jeden Tag. Inzwischen gibt es drei feste Tage. Das eigene Schlachthaus haben wir im Jahr 2009 erweitert, umgebaut und EU-zertifiziert. Früher haben wir unseren Kunden halbe und ganze Lämmer verkauft. Heute sind es ausschließlich Teilstücke. Egal, ob nur ein Kotelett oder gleich 20: Das ist überhaupt kein Problem.“ Gute Beratung ist natürlich inklusive. Heiko Berbalk weiter: „Das Lamm hat sehr viele interessante Teilstücke, nicht nur Kotelett oder Keule. Nehmen wir zum Beispiel den wenig attraktiven Hals: Ist er sauber ausgelöst, wird daraus ein schmackhaftes und appetitlich aussehendes Gulasch.“ Ergänzt wird der Fleischverkauf durch ein Sortiment an Wurstwaren. Auch einige Woll- und Fellprodukte gibt es an den Ständen des Hofes Berbalk. Die wichtigste Verkaufsstelle ist der Bauernmarkt Konstablerwache in Frankfurt. „In meinen Augen ist das einer der besten Märkte Deutschlands“, sagt der Landwirt und Schäfer. Zugelassen sind ausschließlich Erzeuger, keine Händler. Er findet zweimal in der Woche statt. Entstanden ist er vor über 30 Jahren aus einem Erntedankfest heraus.“ Zudem wird der Bauernmarkt im Hessenpark, der Schillermarkt in Frankfurt und der Wiesbadener Wochenmarkt beschickt. Dazu kommen einige Einzelveranstaltungen. „Wir haben unsere Präsenz aber mittlerweile etwas eingeschränkt“, erklärt der Schäfer. „Früher waren wir zum Beispiel die kompletten Adventswochenenden unterwegs, teilweise auf mehreren Veranstaltungen. Das haben wir etwas zurückgefahren und sind auch donnerstags nicht mehr auf der Konstablerwache.“ Sonst würden sowohl Familie als auch Betrieb darunter leiden, ergänzt er. Dafür wurde der Ab-Hof-Verkauf intensiviert. Dieser findet immer freitagnachmittags am Schlachthaus statt. „Für noch mehr Attraktivität sorgt meine ältere Tochter Selina, die dann immer mit ihrer ‚Milchbar‘ hier ist. Sie hat sich nach ihrer Berufsausbildung nun im Marktgewerbe selbständig gemacht“, meint Heiko Berbalk. ARCHE-HOF Neben den vier Schaf- und Ziegenrassen – davon befinden sich die Rhön- und die Braunen Bergschafe sowie die Thüringer Wald Ziegen auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen – hält Familie Berbalk noch zwei Tiroler Grauvieh Rinder. Sie sind ein Hobby Katja Berbalks. Außerdem gibt es noch mehrere Altdeutsche Hütehunde. Beide sind ebenfalls vom Aussterben bedroht. Deshalb hat der Hof von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen den Titel „Arche-Hof“ erhalten. Oftmals sind es eher die Hobbyzüchter, die sich mit solchen Rassen beschäftigen, der Hof Berbalk ist einer der wenigen Vollerwerbsbetriebe, der sich löblicherweise um diese Erhaltungszucht kümmert. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, freut sich Heiko Berbalk. „Dass sich daraus einmal ein solcher Betrieb entwickelt, hätte ich nie gedacht. Unsere Tätigkeit hier ist sehr vielfältig. Es macht mir großen Spaß, auf den Märkten mit unserer Ware zu stehen. Wir haben eine tolle Kundschaft. Ein bisschen bedauere ich es aber doch, dass ich anderweitig so viel eingebunden bin. Denn schließlich bin ich nicht Schäfer geworden, weil ich Fleisch verkaufen will, sondern weil ich die Natur und die Tiere liebe.“ « 19