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XtraBlatt Ausgabe 02-2018

PRAXIS 1 2 Gemäht wird

PRAXIS 1 2 Gemäht wird mit einem Krone EasyCut. Ein Vierkreiselschwader Swadro 1400 ist auf den meisten Flächen unterwegs; dort, wo es eng ist, kommt der Krone Swadro TC 640 zum Einsatz, der dieses Jahr neu angeschafft wurde. Mit dem Krone Häcksler BiG X 500 wird das Futter für Silage gehäckselt. Die Arbeit auf den Feldern teilen sich Karl Martin und Michael Dreher auf: Michael schwadet hauptsächlich, sein Vater mäht. Je nachdem, ob gerade ein Minijobber verfügbar ist, werden die Arbeiten auch umverteilt, denn der Seniorchef ist außerdem für den Stall und die Buchhaltung verantwortlich, Michael Dreher für die Biogasanlage. Der Oberwiesachhof hat einen Angestellten, der sich überwiegend um die Kälber kümmert. „Er ist mit Herzblut dabei und weiß alles über die Kühe“, erzählt Christel Dreher. Sie ist zuständig für das Melken und den Hofladen. „Ende des Jahres bekommen wir einen Melkroboter, der uns entlastet.“ Außerdem fangen zwei Auszubildende an: „Wir haben schlechte Erfahrungen mit unseren letzten Azubis gemacht und deshalb jahrelang nicht mehr ausgebildet“, bedauert Karl Martin Dreher. „Aber einer der jetzt neuen Lehrlinge hilft schon länger bei uns. Der andere hat uns eine Initiativbewerbung geschickt, deshalb denken wir, dass die Motivation bei beiden sehr hoch ist.“ REGER ZULAUF IM HOFLADEN Ein Teil der Milch wird an die Arla im Allgäu geliefert, doch auch der Hofladen erhält regen Zulauf. Hier wird Rohmilch über eine Milchtankstelle, eine Art Zapfanlage, direkt an den Kunden verkauft. Der Preis liegt bei 80 Cent pro Liter und der Betrag wird Milliliter-genau abgerechnet: Der Kunde steckt Münzen in den Automaten, stellt seinen Behälter hinein und füllt diesen selbstständig via Knopfdruck auf. Ist die gewünschte Füllmenge erreicht, lässt er los und bekommt Wechselgeld. Neben dem Automaten stehen Plastikbecher bereit, denn viele Kunden zapfen sich gerne direkt eine kleine Menge zur Erfrischung ab. Wer keinen eigenen Behälter mitgebracht hat, kann sich im nebenstehenden Automaten eine Glasflasche kaufen. Außerdem werden weitere Produkte angeboten, die überwiegend aus der Region stammen: Distelöl, Marmeladen, Mehl, Kartoffeln, Eier usw. „Wir kennen die Erzeuger alle persönlich“, erzählt Christel Dreher. Es gibt auch z. B. Kekse, die jedoch von einem Großhandel geliefert werden. „Wir möchten unseren Kunden alles anbieten, was sie für ein Frühstück am Sonntag benötigen, denn für die Milch allein kommt niemand.“ Mit zwei Kameras wird der Hofladen überwacht, um Diebstahl, aber vor allem Vandalismus vorzubeugen, denn durch den Automatenverkauf liegen nur wenige Waren – wie Heu für Kleintiere – offen im Hofladen. Wie in vielen Bereichen zählt auch bei der Direktvermarktung der Prophet im eigenen Land nichts: „Nur wenige unserer Kunden kommen aus der unmittelbaren Umgebung. Die meisten kommen aus den umliegenden Dörfern zu uns und wenn auf der Bundesstraße Stau ist, haben wir ein merkliches Umsatzplus, weil dann viele Autofahrer Ausweichrouten nutzen und so bei uns vorbeikommen“, erklärt Karl Martin Dreher. „Momentan werden etwa 40 l/Tag über die Milchtankstelle verkauft.“ Von der Molkerei bekommt der Landwirt 35 ct/l, also 45 ct weniger als bei der Milchtankstelle: „Man muss aber noch die Automatenkosten, Unterhalt und Arbeitszeit einrechnen. Im Vergleich zur Molkerei verdienen wir etwa 15 ct/l mehr.“ An Supermärkte oder andere Hofläden wird die Milch nicht verkauft, denn Rohmilch darf nur direkt vom Erzeuger an den Verbraucher abgegeben werden; für Zwischenhändler müsste sie pasteurisiert werden. Vor allem für Kinder ist der Oberwiesachhof spannend: Manche machen mit ihren 50

3 4 Eltern einen kleinen Ausflug per Fahrrad und erfahren so, wo die Milch herkommt, die sie trinken. Die Ställe sind offen und für jeden Besucher zugänglich – ein Beitrag dafür, dass Kinder nicht mehr denken, Kühe seien lila. Kindergärten kommen ab und zu vorbei, um die Kühe kennenzulernen, vor den Ferien auch manchmal Schulklassen. Für das nächste Jahr ist ein Tag des offenen Hofes geplant, der alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden soll. MEHR ALS MILCH- PRODUKTION Ein Blick in den Stall ist durchaus spannend: Milchkühe und Trockensteher stehen in zwei Reihen und können sich in ihrem Areal frei bewegen. Die Tränke in der Mitte ist zu dieser Zeit hoch frequentiert, zusätzlich sorgen große Ventilatoren dafür, dass dem Vieh nicht zu heiß wird. Für Wellness ist auch gesorgt: Die Kühe können sich bürsten lassen in einem Apparat, der an eine Autowaschanlage erinnert. Wenn sich eine Kuh hineinstellt, laufen die Bürsten über und neben ihr automatisch und hören auf, wenn sie keinen Widerstand mehr spüren. Die Kühe werden auf Stroh gehalten. Die Legeboxen sind Tiefboxen, die mit Stroh eingestreut werden. „Bei uns hat jedes Tier die Möglichkeit, im Stroh zu liegen“, sagt Karl Martin Dreher. Im vorderen Teil des Stalles stehen die Bullen. Zwei Jahre lang werden die Tiere auf dem Oberwiesachhof aufgezogen und dann weiterverarbeitet. Die Fleischprodukte werden ebenfalls teilweise im Hofladen verkauft, teilweise direkt an die Kunden. Die Metzgerei, die für den Laden produziert, ist 10 km entfernt. Junior-Chef Michael Dreher kündigt über Facebook an, wann geschlachtet wird, und die Kunden können ihr Stück Fleisch direkt reservieren. „Unser Hauptumsatzbringer bleibt aber die Milch“, sagt Karl Martin Dreher. Außer Grünland baut der Betrieb von Karl Martin Dreher auch Pflanzen für die eigene Biogasanlage an. Diese erzeugt seit 19 Jahren Strom, der zu 90 % verkauft wird. Eine Kurklinik in der Nähe wird beispielsweise vom Oberwiesachhof versorgt. Bis zu 620 kW können erzeugt werden, derzeit liegt die Leistung bei 390 kW. Der neue Star ist Silphie, eine Pflanzensorte, die laut Fachverband Biogas erst seit 2018 greeningfähig ist. Die Pflanzen wachsen recht hoch und dicht, weshalb Gräser und Unkräuter zu wenig Licht abbekommen und dadurch eingehen. Eine Unkrautbekämpfung ist somit nicht notwendig und bis auf Bepflanzung 1 Durchwachsene Silphie ist eine relativ neue Pflanzensorte, die auch der Oberwiesachhof in für seine Biogasanlage nutzt. 2 Am Rohmilchautomaten zapft der Kunde seine Milch per Knopfdruck und bezahlt auf den Cent genau die abgezapfte Menge. 3 Die Kälber wachsen gemeinsam auf. Die Fütterungsanlage erfasst, welches Kalb wie viel Milch zu sich genommen hat. 4 Bei Facebook kündigt Michael Dreher an, wann ein Bulle geschlachtet wird. Das Fleisch können die Kunden reservieren; ein Teil der Wurst wird im Automaten verkauft. und Ernte macht Silphie keine Arbeit. Einmal angepflanzt, kann sie bis zu 20 bis 30 Jahre stehen. Derzeit hat der Betrieb auch testweise Legohafer angepflanzt, den man auch verfüttern könnte. Das Konzept „Alles aus einer Hand“ erreicht auf dem Oberwiesachhof durch die Biogasanlage eine neue Dimension, denn durch sie kommen auch Wärme und Strom vom eigenen Betrieb. Eine Wirtschaft der kurzen Wege ist so kein Relikt aus der Vergangenheit mehr, sondern moderne Realität. Dass dies möglich ist, zeigen Landwirt Karl Martin Dreher und seine Familie. « 51