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XtraBlatt Ausgabe 01-2017

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MENSCHEN PRAXIS 1 Mein

MENSCHEN PRAXIS 1 Mein Erstaunen ist groß, als ich zusammen mit meiner Tochter im Sommer 2016 an unserem ersten Urlaubstag über den Römerhof schlendere und neben einer Maschinenhalle zwei Vierkreisel- Schwader entdecke. In der Halle stehen zudem drei Traktoren von 150 bis 260 PS, eine Großpackenpresse, ein Güllefass mit Schleppschuhverteiler und eine Mähkombination. „Sie sind für einen Milchviehbetrieb technisch aber sehr gut ausgestattet“, spreche ich Martin Römer an, der darauf erwidert: „Das stimmt. Neben der Vermietung von Ferienwohnungen und der Landwirtschaft haben wir noch ein drittes Standbein: unser Lohnunternehmen.“ DREI STANDBEINE Was tun, wenn der eigene Sohn in den Betrieb einsteigen will, die Bank und die Berater einen davon überzeugen möchten, viel Geld in die Hand zu nehmen und in einen neuen Milchviehstall zu investieren? Diese Frage stellt mir Martin Römer. „Wir haben uns vor fünf Jahren dagegen entschieden – stattdessen hat mein Sohn einen neuen Betriebszweig eröffnet und ist in das Lohngeschäft eingestiegen“, blickt er zurück. Die Ferienwohnungen, mittlerweile insgesamt drei an der Zahl, bietet die Familie bereits seit 2006 an. Vermietet wird in der Regel wochenweise, und das vor allem an Familien mit Kindern. Im Laufe der Jahre ist der Gästestamm kontinuierlich gewachsen, sodass Seniorchefin Beate Römer 2016 insgesamt an rund 50 Wochenenden Gäste begrüßen konnte. Hauptsaison ist von April, wenn die Blüte der wilden Osterglocken im nahen Naturpark Hohes Venn-Eifel beginnt, bis in den Oktober hinein. Landschaftliche und touristische Attraktionen gibt es im Umreis von 50 km reichlich. „Besondere Anziehungskraft haben gerade für die Kinder natürlich unsere Tiere, von den Kälbern über Pferde bis hin zum Streichelzoo“, erzählt sie. Die Entscheidung gegen den größeren Milchviehstall ist ihnen damals nicht leicht gefallen, gibt Martin Römer zu, aber im Nachhinein stellte sie sich als goldrichtig heraus. Sein Sohn Thomas war nie richtig von der Viehhaltung begeistert. Ihn drängte es mehr Richtung Landtechnik. „Wir führen unseren Milchviehbetrieb also auf dem gleichen Niveau weiter. Heute melken wir 60 Kühe.“ Und Thomas Römer ergänzt: „Stattdessen haben wir in eine gebrauchte Großpackenpresse investiert. Seitdem pressen wir für unseren eigenen Bedarf und eben auch für Nachbarbetriebe.“ Durch zuverlässige und pünktliche Auftragserledigung wuchs der Kundenstamm rasant an und als nächste überbetriebliche Arbeit wurde das Streuen von Festmist mit einem neuen 22-t-Universalstreuer angeboten. „Wir haben den Bedarf unserer Kunden analysiert und in den letzten drei Jahren Stück um Stück unser Portfolio ausgebaut. Im gleichen Zug wuchs unser Kundenstamm an. Alles lief ausschließlich über Mundpropaganda.“ Nachdem in den letzten drei Jahren in zwei Vierkreisel-Schwader investiert und eine Mähkombination für die Grünfutterernte angeschafft wurden, stand in der Saison 2016 der Schritt zum Kauf eines Ladewagens an. „Wir arbeiten seit einem Jahr mit einem Lohnunternehmer aus dem Raum Aachen zusammen. Dieser ist ca. 80 km entfernt und benötigt eine Anfahrzeit von mindestens zwei Stunden. 34

3 1 Pferde und herrliche Landschaft sind zwei der vielen Attraktionen für Feriengäste, mit denen der Römerhof punktet. 2 Zur Saison 2016 wurde ein 40-m 3 -Ladewagen mit Tandemachse angeschafft. 3 Beate und Martin Römer sind sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung, das Familieneinkommen auf 2 drei Säulen gestellt zu haben, statt allein mit Milchvieh zu wachsen. Nachdem der erste Schnitt in der Ebene rund um Aachen geerntet ist, fährt er mit seinem Häcksler und einigen Abfahrgespannen und ab dem zweiten Schnitt mit zwei Ladewagen in die Hocheifel. Wir liegen hier auf einer Höhe von 400 bis 700 m. Entsprechend verschiebt sich die Grassilageernte immer etwas nach hinten“, so Thomas Römer über den Saisonverlauf. Dass er nun in einen eigenen Ladewagen investiert, wäre für seinen Kollegen kein Problem: „Es ist ja nicht so, dass er im Raum Aachen nichts zu tun hat. Es ist außerdem immer wieder eine logistische Herausforderung für ihn, die Maschinen für die Ernte hier oben einzuplanen. Selbst der erste Schnitt kann hier bei unbeständigem Wetter gut und gerne drei Wochen dauern.“ FLEXIBLE HELFER Die Kunden sind Milchviehbetriebe mit Herden von 40 bis 500 Kühen. „Das extreme Wachstum der Milchviehbetriebe, wie wir es aus anderen Regionen Deutschlands kennen, gab es hier nicht. Vielleicht liegt es an der Mentalität der hiesigen Landwirte“, meint Martin Römer. Eine der größten Herausforderungen für den sich dynamisch entwickelnden Betrieb ist es, während der Erntephasen genug Personal zusammen zu trommeln. „Wir haben bislang einen Festangestellten. Im Winter gibt es bis auf Reparaturarbeiten und sporadische Winterdiensteinsätze nicht genug sinnvolle Beschäftigung für Fremd-Arbeitskräfte. Wir sind also auf zuverlässige Aushilfskräfte angewiesen, die zum Teil ihren Urlaub so legen, dass sie bei uns einspringen können“, gibt Thomas Römer zu bedenken und er fügt hinzu: „Das Wetter ist bei uns sehr unbeständig. Entsprechend können wir schlecht voraussagen, wann die Ernte beginnt. Die Kunden entscheiden häufig spontan, wann wir loslegen sollen. Zum Glück sind unsere festen Aushilfen, die zum Teil schon seit mehreren Jahren für uns arbeiten, sehr flexibel.“ Theoretisch wäre es möglich, das Lohnunternehmen weiter auszubauen, denn die Landwirte haben Bedarf an zuverlässigen Partnern. „Noch mehr anbieten, hieße aber auch, dass wir zusätzliche Arbeitskräfte einstellen müssten. Diesen Schritt wollen wir jedoch nicht gehen – zumindest noch nicht“, so Thomas Römer abschließend. 35