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XtraBlatt 01-2015

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MENSCHEN INTERVIEW 1 2

MENSCHEN INTERVIEW 1 2 Thomas Bühner: Ich glaube, dass wir es in unserer Küche ganz gut schaffen, den Geschmack zu erhalten, zum Beispiel durch schonendes Garen. Oder indem wir Karotten nicht in Wasser kochen, sondern in Karottensaft – das verdoppelt quasi den Geschmack. Als ich meinen Beruf erlernt habe, da wurde noch jedes Gemüse bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet und in Sahne gekocht. Das hat sich zum Glück geändert. Für mich persönlich ist es heute am wichtigsten, dass Gemüse wieder nach Gemüse schmecken darf. Mögen Sie zum Beispiel gern Rosenkohl? Bernard Krone: Eher nicht, vor allem mein Vater hat ihn nie gemocht, weil dieses Gemüse schnell sehr bitter schmeckt. Das hat auch uns Kinder geprägt… Thomas Bühner: Das verstehe ich, aber es kommt auf die Zubereitung an. Und auch diese Bitterstoffe haben ihre Berechtigung. Ich glaube, man kann jedes Produkt hervorragend zubereiten, und jede Jahreszeit hat ihren eigenen Charme. Es gibt einfach kein Lebensmittel auf dieser Welt, aus dem man nicht etwas Gutes machen kann. Bernard Krone: Bei uns im Emsland liebt man vor allem Grünkohl, den ich selbst auch sehr gern esse. Da freue ich mich schon immer auf die neue Saison. Thomas Bühner: Ja, denn viele Produkte haben ihre Zeit, und dann sind diese Zutaten auch die besten, die man bekommen kann. Wenn es hier Kartoffeln gibt, sind die hervorragend, genauso Spargel und Beeren. Je frischer, desto besser. Ich achte sehr darauf, saisonal zu kochen, denn ein Blumenkohl wird nicht besser, nur weil er einmal um die Welt geflogen ist. Aber bei einigen Produkten muss man auf Importe setzen, und im Winter ist es zum Beispiel etwas schwieriger, gute Zutaten zu finden, weil man sie eben von weiter weg holen muss. Deshalb ist Logistik die Grundlage unseres Geschäfts. Bernard Krone: Ihre Gäste sind sehr anspruchsvoll: Wie sichern Sie ab, dass Sie jeden Tag wieder die Qualität auf den Tisch bringen können, die von Ihnen erwartet wird? Thomas Bühner: Ein Gast hat mal zu mir gesagt: „Routine ist wahrscheinlich Ihr schlimmster Feind.“ Ich antwortete: „Nein, Routine ist mein bester Freund.“ Wir sagen nicht: „Heute haben wir wenig Gäste, heute machen wir das besonders gut.“ Sondern das, was wir machen, muss jeden Tag gleich sein, und es muss natürlich auf hohem Niveau passieren. Deshalb nutzen wir technische Geräte, um besondere Ideen umzusetzen. Wir haben zum Beispiel einen Rotationsverdampfer aus der Labortechnik, mit dem man etwas bei 35 bis 40 Grad Celsius kochen kann. Wenn ich da Kirschen hineingebe, dann bekommt man die Konsistenz einer gekochten Kirsche, aber der Geschmack ist so aromatisch wie bei der rohen Frucht. Hinter allem, was bei uns auf den Tisch kommt, steckt eine Menge Planung und handwerkliches Können. Vor einigen Jahren habe ich eine Lebensmittelfirma beraten und der Grad an Perfektion, der dort in Tüten und Dosen gepackt wurde, hat mich beeindruckt: Da steht schon vorher fest, wie viel ‚Knack‘ ein Keks haben soll, und man weiß genau, bei welcher Temperatur er dafür gebacken werden muss. Diese Präzision wollte ich für mein Restaurant. Wir haben deshalb an unseren Prozessen gearbeitet und ich habe jetzt einen Mitarbeiter, der sich vor allem um diese Optimierung der Abläufe kümmert. 42

Bernard Krone: Wir sind auch sehr prozessgetrieben. Ein banales Beispiel, aber es ist ein wichtiges Detail: Unser Kunde erwartet ja zum Beispiel, dass sein Logo immer an der gleichen Stelle angebracht ist. Man stelle sich vor, jeder Mitarbeiter entscheidet das anders, und dann geht der Kunde an seinen Fahrzeugen vorbei, die alle nebeneinander parken, und auf dem einen steht das Logo mal zehn Zentimeter höher, auf dem nächsten zehn Zentimeter tiefer – das geht einfach nicht. Thomas Bühner: Meine Mutter hat früher manchmal am Esstisch gesagt: ‚Ach, das ist mir aber heute gut gelungen!‘. Das funktioniert in einem Restaurant nicht. Ich weiß ganz genau, wie der Abend wird, weil die Prozesse zuverlässig sind. Wenn ich das bei uns im Restaurant alles in entsprechender Qualität umsetze, hat es aber natürlich auch seinen Preis. Wer sehr günstig essen möchte, der kommt nicht zu uns. Bernard Krone: Wir agieren ebenfalls in einer sehr preissensiblen Branche und da gibt es immer den Reflex, alles günstig oder es vielleicht sogar billig zu machen. Wir haben diesem Reflex immer widerstanden, denn wir sagen: Wir wollen lieber besser und effizienter werden, also die Produktivität steigern. Und dann müssen wir eben im Einkauf gut sein und Rohstoffe direkt an der Quelle kaufen. Apropos Quelle: Ihre Küche ist viel kleiner, als ich erwartet hätte. 1 Während des Spaziergangs vom Wochenmarkt zum Restaurant entdeckten Thomas Bühner und Bernard Krone viele Gemeinsamkeiten in der Teamführung. 2 Exakte Produktionsprozesse sind Voraussetzung für Spitzenleistung - in der Küche wie in der Fabrik. 3 Im Einkauf liegt der Erfolg – bei der Qualität genauso wie bei den Kosten. 3 Thomas Bühner: Unsere Küche ist tatsächlich klein; umso wichtiger ist, dass alle gut harmonieren. Die Arbeit läuft in einer Linie von der hinteren Wand nach vorne. Man könnte sagen, es läuft wie bei Ihnen im Unternehmen auch: Es beginnt mit der Auftragsannahme und geht über die Produktion bis zur Auslieferung. Jeder kennt seine Aufgaben ganz genau, alle sind sehr konzentriert und ihre Arbeitsschritte greifen ineinander. Bernard Krone: Wir müssen ja auch mit dem Platz in der Produktion zurechtkommen, den wir haben. Wenn wir wachsen, dann müssen wir die Abläufe optimieren und den vorhandenen Platz umso effektiver ausnutzen. Was ist für Sie die beste Auszeichnung in Sachen Qualität? INFOS Moderne Aromenküche Thomas Bühner zählt seit mehr als 20 Jahren zu Deutschlands Spitzenköchen. Der 1962 in Riesenbeck geborene Chef de Cuisine lernte im Schweizer Haus in Paderborn und zog dann weiter, bis er 1989 bei Harald Wohlfahrt der „Chef de Partie“ in der Schwarzwaldstube in Baiersbronn wurde. Seinen ersten von inzwischen drei Michelin-Sternen bekam er als Küchenchef des La Table in Dortmund, 2006 wurde er „Koch des Jahres“. Seit April 2006 leitet Bühner gemeinsam mit Restaurantleiterin Thayarni Kanagaratnam das Restaurant La Vie in Osnabrück und kreiert dort eine „moderne dreidimensionale Aromenküche“. Thomas Bühner: Ich denke, das ist ähnlich wie bei Ihnen: Wenn der Kunde wiederkommt und zufrieden ist, ist das das größte Lob. 43